
Wenn ein Pferd wälzt, kann das verschiedene Dinge bedeuten.
Je nach Zusammenhang ist es ein Anzeichen für Schmerz oder Wohlbehagen. Darüber hinaus ist Wälzen eine Vokabel der Pferdesprache, die immer an ein anderes Pferd oder einen Menschen gerichtet ist, während beim Wälzen aus Schmerz oder Genuss das Pferd für sich selber wälzt.
Zu unterscheiden, um welche Art des Wälzens es sich handelt, ist nicht immer ganz einfach, aber mit einem geschulten Auge kann man die feinen Unterschiede wahrnehmen und so das Verhalten des Pferdes richtig deuten.
Im folgenden Artikel gehen wir näher auf die Unterschiede ein und wie man sie erkennen kann.
Wälzen als Zeichen für Schmerz
Wer schon eine oder mehrere Koliken bei Pferden miterlebt hat, der weiß, dass sich viele Pferde aufgrund der starken Bauchschmerzen hinlegen und wälzen wollen. Sie versuchen sich so Linderung zu verschaffen. Wenn Pferde krank sind, dann schütteln sie sich in der Regel nicht nach dem Wälzen. Sie stehen auf und meist suchen sich schnell einen neuen Platz, um sich wieder hinzuschmeißen. Ihr Wälzen ist eher hektisch und gar nicht genüsslich. Meistens wälzen sie, ohne Geräusche zu machen. Oft sieht man solche kranken Pferde zusätzlich flehmen, sich unter den Bauch treten oder sie schauen den Bauch an. Pferde, die wegen Koliken wälzen, wälzen wegen ihres eigenen Unwohlseins und wollen damit nicht in Interaktion mit anderen treten.
Wälzen für den eigenen Genuss
Pferde wälzen auch aus Wohlbehagen. Gerade, wenn ein Pferd nach dem Waschen oder durch schwitzen nass ist, gefällt es ihm, sich den Rücken zu schubbern und zu wälzen. Im Gegensatz zu dem Wälzen unter Schmerzen, lassen sich die Pferde mehr Zeit. Sie prüfen den Boden, indem sie an ihm riechen und mit dem Huf scharren. Danach legen sie sich genüsslich hin und wälzen sich. Oft grunzen sie dabei oder stöhnen. Ruhig stehen sie wieder auf und schütteln sich. Meistens schnauben sie danach, was ebenfalls ein Ausdruck für Zufriedenheit ist. Als Beobachter weiß man dann: Alles in Ordnung! Meinem Pferd geht es gut! Ein Pferd, das aus Wohlbefinden wälzt, kümmert sich dabei um seinen eigenen Genuss. Es möchte, wie beim Wälzen wegen Schmerzen, keine Aussage anderen Pferden oder Menschen gegenüber treffen.
Wälzen in der Kommunikation der Pferde

Wälzen ist auch eine Vokabel in der Pferdesprache. Wie Hunde oder Katzen durch urinieren, markieren Pferde auch durch Wälzen ihr Revier. Pferde haben einen sehr ausgeprägten Geruchssinn. Dadurch riechen sie untereinander, wenn ein anderes Pferd eine bestimmte Stelle durch Wälzen in Besitz genommen hat. Beim Wälzen reiben sich die Pferde am Boden und so hinterlassen sie ihren Körpergeruch an der Position. Oft fallen auch Haare beim Schütteln ab oder sind durch das Wälzen direkt liegen geblieben. Der hinterlassene Körpergeruch ist die Markierung. Zu der Vokabel Wälzen gibt es auch noch soziale Regeln in der Pferdesprache. So ist das Pferd, was zuerst wälzt, ranghöher als ein anderes.
Wenn ein Pferd nun mit einem anderen Pferd in ein neues Revier kommt und beide Pferde ihren Rang miteinander klären wollen, dann kann es sein, dass ein Pferd wälzt. Sofern nicht von dem anderen Pferd vereitelt, hat es sich als ranghöher dargestellt. Das zweite Pferd kann das nun anerkennen, oder sich überlegen zu kontern. Dazu kann es entweder an einer anderen Stelle wälzen oder, was eine stärkere Aussage ist, über die bewälzte Stelle drüber wälzen und so den eigenen Geruch über den des ersten Pferdes bringen. Damit löscht es die Aussage des ersten Pferdes: Diese Stelle gehört mir! und nimmt gleichzeitig diesen Ort für sich in Anspruch. Es gibt nämlich noch eine zweite Regel: Der, der eine Stelle überwälzt, ist ranghöher.
Das erste Pferd kann nun wieder reagieren, indem es die gleichen Möglichkeiten hat, wie das zweite Pferd:
- Die Aussage anerkennen und stehen lassen
- An einer neuen Stelle wälzen
- Erneut überwälzen und versuchen, die Wälzstelle zu vergrößern
Exkurs
Wichtig ist, dass man sich darüber bewusst wird, dass Wälzen nicht bloß eine Handlung, sondern auch eine Vokabel ist. So bringt man bei der Zirzensik Pferden bei, sich auf ein Kommando hinzulegen und zu wälzen. Im Gegensatz zur menschlichen Betrachtungsweise ist das für die Pferde nicht bloß ein Training, sondern eine mit Gefühlen verbundene Aussage, die sie treffen (müssen).Um der Psyche der Pferde keinen Schaden zuzufügen, muss man sich noch einmal ins Gedächtnis rufen, was Wälzen in der Sprache der Pferde bedeutet und welche sozialen Regeln es gibt. Es ist wichtig, sein Training so gestalten, dass es keine Widersprüche aus Sicht der Pferdesprache enthält. Das Pferd sollte keine Aussagen treffen müssen, die es nicht sagen möchte und es sollte nicht gezwungen werden, seine sozialen Regeln zu brechen. Wenn dem so ist, dann kann Zirzensik neben der Gymnastizierung ein schlaues Pferd geistig besser auslasten als das Standardprogramm und eine schöne Abwechslung bieten für Pferd und Pferdebesitzer.